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Red Aces - RB Leipzig

Warum die „Nein zu Rb“ Kampagne zu kritisieren ist

Bewusst gemacht, sei es unwiderlegbar, dass Fußball einem Schatten der Kulturindustrie unterliegt, der Akteure und Akteurinnen zur Zirkulation von Ganzheitsidealen zwingt, die inhaltlich nicht paradoxer sein könnten, als die Totalität einer unreflektierten, regressiven Fankultur. Diese findet ihr tragisches Finale in einer strukturell antisemitischen Argumentationsweise, die durchtrieben von einer Schuldprojektion des eigenen Versagens und von einer Personifizierung des „Übels“ ist und daher keinen Gedanken daran verschwendet, wie der betrauerte, traditionelle Fußball denn aussehen könne, um der Beschwörung der eigensten, betäubenden Ohnmacht Platz zu machen. Allerdings fehlt den „Gegen den modernen Fußball“ ProtektorInnen die Reflexion der Erkenntnis daraus, dass auch sie, als Basis einer positiven Gruppenidentifikation, selbst einer Kritik bedürfen. Der revisionistische  Kampf um den Rückgewinn des traditionellen Fußballs, der wohl einem Glaubenskrieg um Eden gleichen soll, ist zweckgesteuert und systematisch, verfolgt ein Ausschalten der „Ungläubigen“ und lässt die KämpferInnen selbst in ihrer amorphen Verrohung erstarren. Vorzufinden ist also viel mehr eine Art rückwärtsgewandt auftretende Nostalgieromantik, die der allgemeinen Entropie allen Seins entgegenwirken soll.

Boykottaufrufe, Bullen schlachten und Dosenstechen lässt die Darstellenden alte Requisiten der Verhältnisse entstauben und postum einer neuen Verwertbarkeitslogik unterziehen, die zum Ziel hat, ein postmodernes Schema einer heile Welt zu proklamieren. Die zwei Seiten sind in diesem Fall leicht auszumachen – zwischen Gut und Böse passen dabei höchstens noch krude Schulterschlüsse in Zweckbündnissen und struktureller Antisemitismus.

Zweckbündnisse, wenn mit der Konstruktion eines Feindbildes Wir-Gruppen gebildet werden, die sich im Schrei nach einer vorzivilisatorischen Welt und dem plumpen Hass auf alles andere vereinen, wie in der „Nein zu Rb“ Kampagne auffallend. Dort werden Unterstützende Reih in Reih aufgelistet. Dabei finden sich Szenen wie die Crew Eleven Aalen, an ihrer Spitze der NPD Funktionär Dominik Stürmer (Kreisvorsitzender Ostalb), mit denen vermeintlich linke Ultras kollaborieren, wenn es darum geht, ein gemeinsames Feinbild zu zerstören. „Uns geht es nur um Rb“ zeigt, dass der Kampf gegen die „kapitalistische Logik“ personifiziert wird, sich im „Minimalkonsens“ Querfronten bilden, die ein poststrukturalistischer Kern eint – dem es schlicht um das Bewusstsein des Problems geht, das konsequent bekämpft werden soll – Faustkampf statt Wertkritik.

Struktureller Antisemitismus, wenn die Kapitalisierung des Fußballs mit dem Handeln eines Strippenziehers verglichen, von Rattenball Leipzig und von einem Handeln gegen Wertlose gesprochen, deren Produkte man zu boykottieren habe und die Akkumulation von Kapital als Raffgier Einzelner personifiziert wird, charakterisiert die Selbstpositionierung als Schädlingsbekämpfer den strukturellen Antisemitismusbegriff auf ein Genaustes. Der Unterschied entsteht in der Aufwertung von produktiver Arbeit und dem Abwerten der abstrakten Arbeit – Produktivkapital gegen zirkulierendes Finanzkapital.

So werden antisemitische Ressentiments dem Amüsierbetrieb gefügig gemacht.

Nicht zuletzt die Titulierung der Anhänger von Rasenballsport Leipzig mit Benutzung von Vokabeln wie „Ratten“ oder „Schweine“ zeigt eine klare Entmenschlichung dieser, wie sie auch in rechten Gedankenkreisen stetig anzutreffen ist.

Kritik der Selbstkritik

Einem radikalen Ballismus bedarf es aktueller denn je eines emanzipierten Subjekts statt affirmativen Objekten. Denn, so Adorno: „Keine Verbesserung ist zu klein oder geringfügig, als dass man sie nicht durchführen sollte.“

Ob es ein neues Stadion ist, oder die verdeckte Personalisierung der Auswärtstickets, es wird stetig versucht, Risiken zu minimieren und nonkonformistische Ausdrucksformen zu absorbieren, weil die Furcht, über den Verlust der zentralen Kontrolle, eminenten Charakter aufweist. So versucht man über den Umweg dieser typisch, kapitalistischen Unterdrückungsmechanismen, die Objekte der potentiellen, sich reproduzierenden Herstellungszentren zur Assimilation zu zwingen. Die Auflehnung gegen diese Zustände ist essentiell, wenn es darum geht, den Rasenballismus zu reformieren. Seine Institutionalisierung verhindert zeitgleich eine notwendige Radikalisierung. Durch die Expansion einer einst skeptischen Wertegemeinschaft in seine bürgerlichste und konservative Mitte, wuchs die Affirmation des Gegebenen und so das Versagen, eine Kritik der eigenen Kritik zu formulieren.

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